Auf Dantes Spuren im Casentino

… Der Faszination des Berges muss vor etwas mehr als achthundert Jahren auch Franziskus von Assisi erlegen sein. Ab 1212 zieht er sich regelmässig hier oben als Einsiedler in eine kleine Felsnische zurück. 1224 soll sich hier auch seine Stigmatisierung ereignet haben – der Überlieferung zufolge erschien ein Engel, der das ganze Gebiet um La Verna hell erstrahlen liess und Franziskus mit den Wundmalen Christi versah. Das Tal, über dem der Monte della Verna aufragt, heisst seitdem «Valle Santa» und La Verna ist, wenig überraschend, zu einer der heiligsten Stätten der Franziskaner geworden.

 

Auf dem Berg herrscht heute ein lebhafter Klosterbetrieb. Die zahlreichen, vielfach jungen Ordensbrüder geben sich offen und suchen das Gespräch mit den Besuchern. Beeindruckend auch die Kulturschätze, die man hier zu Gesicht bekommt. Besonders sehenswert sind die «Robbiane», die von Andrea dalla Robbia im 15. Jahrhundert geschaffenen glasierten Terracottareliefs, mit Motiven rund um die Geburt und den Tod von Jesus. In der Basilika und in den Kapellen auf dem Klostergelände findet sich eine einzigartige Dichte dieser Art von Kunstwerken. Dank den Beziehungen unseres Guides, Riccardo, dürfen wir auch die Klosterbibliothek besuchen, wo uns eine Ausgabe der Divina Comedia aus dem Jahre 1540 gezeigt wird.

 

Im Casentino finden sich unzählige Spuren Dantes. Hier entspringt der Fluss Arno, dem der Poet und Philosoph viele seiner «Canti» in der Divina Comedia widmet. Hier hat Dante auch etliche Zeit nach seiner Verbannung aus Florenz verbracht. Dies alles hat Riccardo Starnotti und seine Kolleginnen und Kollegen inspiriert, den «Cammino di Dante in Casentino» ins Leben zu rufen. Dieser ist Teil der «Vie di Dante», eines Netzwerks verschiedener Wanderrouten auf den Spuren von Dante. Lonley Planet hat «Le Vie di Dante» in ihrem Weltbericht über Reisedestinationen für 2021 als einziges italienisches Reiseziel aufgelistet.

 

Der «Cammino di Dante in Casentino» – www.ilcamminodidanteincasentino.it – führt in neunzehn Wanderetappen von Florenz nach Arezzo und zurück nach Poppi. Die einzelnen Etappen lassen mit maximal vier bis fünf Stunden Marschdauer genügend Zeit, um die reiche, omnipräsente Kultur sowie die Trattorias und Osterias unterwegs zu geniessen. Das Casentino ist hüglig. Es geht rauf und runter. Doch glücklicherweise verläuft der Weg meist unter einem angenehm kühlenden Blätterdach der für die Region charakteristischen Mischwälder. Übernachtet wird in gut ausgerüsteten Alberghi und Rifugi, wo einfach, aber herrlich gekocht wird. Ab und zu schlüpfen Riccardo und seine Kollegin, Catarina, in die traditionellen Roben und erzählen aus der Zeit des grossen Poeten und rezitieren ihn. Schliesslich interessiert sich auch der Bürgermeister von Chiusi La Verna für die Wandergruppe und stellt sich gerne für ein Foto zur Verfügung. 

 

Den «Cammino di Dante in Casentino» zurückzulegen, bringt einem nicht nur den Schriftsteller und das Casentino näher …. sondern auch die «Credenziale» ein. Im Jahr des siebenhundertsten Todestages von Dante eine besondere Ehre 😊 … und unsere Lust auf Dante ist gestiegen. Catarinas neues Projekt «Der Einfluss der Frauen auf Dante» tönt jedenfalls interessant ….